Go-Ahead kritisiert, dass DB Netz Bauarbeiten am Schienennetz zu spät bekannt gibt, zu schlecht plant und die Bauarbeiten zu schlecht koordiniert. Symbolbild: Deutsche Bahn AG / Oliver Lang

„Wir erwarten eine öffentliche Entschuldigung seitens DB Netz“




Go-Ahead: Bahn-Infrastruktur ist heruntergewirtschaftet und DB Netz als Organisation damit überfordert

Zu späte oder gar keine Informationen, zu schlechte und fahrgastunfreundliche Planungen mit zu vielen Fehlern, zu häufige Sperrungen wegen vieler einzelner, unkoordinierter Baustellen: Das Eisenbahnunternehmen Go-Ahead übt heftige Kritik an DB Netz – das ist das Unternehmen im Konzern der Deutschen Bahn AG, dem die allermeisten Bahnstrecken, Gleise und Bahnanlagen in Deutschland gehören.

In Baden-Württemberg fährt Go-Ahead regionalen Zugverkehr auf den Gleisen der DB Netz seit 2019, in Bayern seit 2021; als Newcomer der deutschen Bahnbranche ist Go-Ahead mit insgesamt rund 20 Millionen Zugkilometern pro Jahr in beiden Bundesländern kein ganz kleines Unternehmen und hat, trotz der noch kurzen Firmengeschichte, zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit viel Erfahrung in der Branche. „Wir erleben immer wieder viele engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei DB Netz, die alles tun, was ihnen möglich ist. Aber die DB Netz hat offensichtlich versagt, die richtigen Rahmenbedingungen für ihre Kolleginnen und Kollegen zu schaffen, um der heruntergewirtschafteten Infrastruktur mit dem massiv gestiegenen Bauvolumen Herr werden zu können.“

Ob die Bauplanung zum Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs und gleichzeitigen Umrüstung auf digitale Technik alles lahmlegt oder die überlasteten Zulaufstrecken zum Knoten Hauptbahnhof Stuttgart verstopft sind, ob Züge auf eingleisigen Streckenabschnitten verspätete Gegenzüge abwarten müssen und dann selbst Verspätung bekommen oder ob es die täglichen Störungen bei Signalanlagen, Weichen, Bahnübergängen, Stellwerken und den Oberleitungsanlagen sind – Go-Ahead wird in der Öffentlichkeit als unzuverlässig wahrgenommen und muss sich für Verspätungen und Zugausfälle entschuldigen, für die DB Netz verantwortlich ist.

Go-Ahead Geschäftsführer Amini beobachtet, dass DB Netz, anstatt konzertiert und konzentriert zu bauen, monatelange und unkoordinierte Flickschusterei betreibt. „Wir betreiben seit einem Jahr das Augsburger Netz. Seither hatten wir dort 120 teils sehr komplexe Baumaßnahmen und konnten nur zwei Monate im regulären Fahrplan fahren – damit waren wir jetzt 10 Monate im Baustellenmodus, mit ständig wechselnden Veränderungen. Seit Juli wurden wir im Schnitt bei zwei Drittel der Baumaßnahmen zu spät informiert, so dass wir oft nicht mehr rechtzeitig die Fahrgäste über die Änderungen informieren konnten.“ Ergänzt wird der Baustellen-Ärger noch von einer sehr trägen Fahrgastinformations-Technik der Deutschen Bahn AG, die geänderte Fahrpläne erst Tage später auf Websites und Apps anzeigt – ein weiteres Unding, dass Go-Ahead die Fahrgäste nicht über die wegen Bauarbeiten kurzfristig geänderten Fahrpläne vernünftig informieren kann.

Noch im März dieses Jahres im Gespräch mit Bayern Verkehrsminister Christian Bernreiter hatte DB Netz Besserung gelobt, doch seither ist es kontinuierlich schlimmer geworden. Letzter Tiefschlag war für Go-Ahead die kurzfristige Verlängerung einer Baumaßnahme beim bayerischen Bahnhof Meitingen an der Strecke zwischen Augsburg und Donauwörth, die am 4.12. zu Ende sein sollte und jetzt bis 19.01.2024 gehen soll – mit scheibchenweise offiziellen Informationen. So wurde Go-Ahead erst am 12.12. mitgeteilt, welcher Fahrplan ab dem 19.12. bis zum Jahresende gefahren werden kann; dementsprechend werden derzeit mit Hochdruck die Schichtpläne für das Zugpersonal neu erstellt, und auch die Online-Fahrpläne für die Fahrgäste müssen noch angepasst werden. „Die Fahrgäste sind sauer – und das völlig zu Recht“, so Fabian Amini, Geschäftsführer von Go-Ahead. „Und ich bin es auch. Das ist an Rücksichtslosigkeit kaum noch zu überbieten und setzt den letzten Monaten die Krone auf. Wie kann man noch wenige Tage zuvor nicht wissen, dass man eine geplante Bauzeit von dreieinhalb Wochen um sechseinhalb Wochen überziehen muss? Seit 2015 höre ich jedes Jahr die gleichen Ausreden. Damals war ich bei Meridian, BOB und BRB tätig, jetzt höre ich bei Go-Ahead dasselbe: große Ankündigungen und leere Versprechungen von DB Netz, aber letztlich übernimmt dieses Unternehmen keine Verantwortung, duckt sich weg, und dann werden meine Kolleginnen und Kollegen in Uniform am Bahnsteig von aufgebrachten Fahrgästen beschimpft.“ Und es laufe offensichtlich innerhalb der DB Netz einiges schief, wenn deren Mitarbeitenden, die eigentlich Go-Ahead über die Baustellen informieren müssten, ihrerseits erst von Go-Ahead über die Verlängerung informiert werden müssten.  

„Wir erwarten, dass die DB Netz endlich zu ihren gegenüber der Öffentlichkeit, Politik und Go-Ahead gemachten Zusagen steht“, sagt Amini. „Wir erwarten, dass DB Netz die Probleme löst und für die entstandenen Schäden geradesteht. Vor allem aber erwarten wir eine öffentliche Entschuldigung seitens DB Netz bei unseren Fahrgästen, unseren Mitarbeitenden und unseren Auftraggebern – denn die gab es noch kein einziges Mal.“




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Winfried Karg, Pressesprecher (Ansprechpartner für Medienanfragen)